Publié le 15 mars 2024

Blindes Vertrauen in « Öko »-Siegel reicht nicht. Ein wirklich gesundes Zuhause für Ihr Kind erfordert aktive Prüfung und professionelle Messung der Raumluftqualität.

  • Schadstoffe (VOCs) in Neubauten sind oft höher als draußen und können durch Materialien wie Farben, Kleber oder Böden verursacht werden.
  • Die Lösung liegt in der konsequenten Auswahl emissionsgeprüfter Baustoffe und der vertraglichen Festlegung einer abschließenden Raumluftmessung (Freimessung).

Empfehlung: Fordern Sie für jedes Produkt einen Emissionsnachweis an und planen Sie eine Blower-Door-Messung vor dem Innenausbau.

Sie haben es geschafft. Der Traum vom Eigenheim ist Wirklichkeit geworden, ein sicherer Hafen für Ihre Familie. Doch anstatt unbeschwerter Freude macht sich eine Sorge breit: Ihr Kind hustet nachts, die Luft im Neubau riecht auch nach Monaten noch « neu » und irgendwie chemisch. Sie fragen sich, ob das Zuhause, das Sie mit so viel Liebe geplant haben, vielleicht selbst zur Belastung für die empfindlichen Atemwege Ihres Kindes wird. Diese Sorge ist nicht nur berechtigt, sie ist der erste, wichtigste Schritt zur Lösung.

Viele Ratgeber empfehlen dann, auf « natürliche Baustoffe » zu achten und « gut zu lüften ». Das ist gut gemeint, aber es greift zu kurz. Es ist eine gutklingende Platitüde, die in der komplexen Realität eines modernen Baus oft versagt. Denn was nützt der ökologische Holzboden, wenn er mit einem giftigen Kleber befestigt wurde? Was hilft die beste Dämmung, wenn sie Schimmelbildung fördert oder selbst Schadstoffe ausdünstet? Die Wahrheit ist, dass ein gesundes Zuhause kein Produkt von gutem Glauben ist, sondern das Ergebnis eines rigorosen Prozesses.

Aber was, wenn der Schlüssel nicht im blinden Vertrauen auf « grüne » Labels liegt, sondern in der aktiven Kontrolle und Verifizierung? Dieser Leitfaden bricht mit den oberflächlichen Ratschlägen. Als Baubiologin zeige ich Ihnen den Weg, den Sie als Bauherren gehen müssen: von der kritischen Auswahl jedes einzelnen Materials auf Basis von Emissionsnachweisen bis hin zur unbestechlichen Überprüfung der finalen Raumluftqualität durch professionelle Messungen. Es geht darum, vom Passagier zum Piloten Ihres Bauprojekts zu werden – für die Gesundheit Ihres Kindes.

Wir werden gemeinsam die versteckten Schadstoffquellen aufdecken, lernen, wie man Prüfzertifikate richtig liest, und verstehen, warum eine Messung vor dem Einzug keine Option, sondern eine Notwendigkeit ist. So schaffen Sie nicht nur ein Haus, sondern ein echtes, nachweislich gesundes Zuhause.

Warum riecht Ihr neues Haus nach 6 Monaten immer noch chemisch und Ihr Kind hustet nachts?

Der typische « Neubaugeruch » wird oft als harmloses Zeichen von Frische missverstanden. In Wahrheit ist er ein Alarmsignal. Dieser Geruch stammt von einer Vielzahl flüchtiger organischer Verbindungen (VOCs), die aus neuen Baustoffen, Möbeln, Farben und Klebstoffen ausgasen. Für die empfindlichen Atemwege eines asthmatischen Kindes ist dies eine Dauerbelastung. Die Konzentration dieser Schadstoffe ist keineswegs trivial; Studien zeigen, dass in Innenräumen oft 10-fach höhere VOC-Konzentrationen als in der Außenluft gemessen werden.

Diese unsichtbare Gefahr kann zu Symptomen wie nächtlichem Husten, gereizten Augen, Kopfschmerzen und einer allgemeinen Verschlechterung des Asthmas führen. Die Quellen sind vielfältig: Weichmacher in Bodenbelägen, Lösemittel in Lacken, Formaldehyd in Holzwerkstoffplatten oder Biozide in Wandfarben. Jeder dieser Stoffe trägt zum chemischen Cocktail in Ihrer Raumluft bei. Es ist ein Irrglaube, dass dieser Geruch nach wenigen Wochen verschwindet. Viele Materialien gasen über Monate oder sogar Jahre hinweg Schadstoffe aus.

Ein besonders drastisches Phänomen ist der sogenannte « Fogging-Effekt ». Dabei bilden sich plötzlich schmierige, schwarze Ablagerungen an Wänden und Decken, oft über Heizkörpern oder an kalten Außenwänden. Dies geschieht, wenn schwerflüchtige organische Verbindungen (SVOCs), zum Beispiel aus neuen Teppichböden oder Wandfarben, ausgasen und sich mit Staubpartikeln aus der Luft verbinden. Dieses Phänomen ist nicht nur ein ästhetisches Problem; es ist der sichtbare Beweis für eine massive Schadstoffbelastung der Raumluft – ein klares Zeichen, dass die « Systemgrenze » der Wohngesundheit überschritten wurde.

Wie wähle ich Dämmstoffe, Farben und Bodenbeläge mit Emissionsnachweisen?

Der proaktive Schutz vor Schadstoffen beginnt lange vor dem ersten Spatenstich: bei der Materialauswahl. Sich auf Werbeaussagen wie « ökologisch » oder « natürlich » zu verlassen, ist fahrlässig. Der einzig verlässliche Weg ist die Forderung nach einem Emissionsnachweis für jedes Produkt, das in Ihrem Haus verbaut wird. Dieser Nachweis, oft in Form von Zertifikaten wie dem Blauen Engel, natureplus oder EC1plus, dokumentiert schwarz auf weiß, welche und wie viele Schadstoffe ein Produkt an die Raumluft abgibt.

Extreme Nahaufnahme von Lehm- und Holzoberflächen mit sichtbarer natürlicher Textur
Rédigé par Katharina Zimmermann, Katharina Zimmermann ist Diplom-Architektin und zertifizierte Baubiologin (IBN) mit 16 Jahren Erfahrung in nachhaltigem Bauen und energetischer Altbausanierung. Sie leitet ein Architekturbüro in München, das sich auf wohngesunde, energieeffiziente Umbauten und barrierefreie Wohnkonzepte spezialisiert hat.